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Schülerinnen & Schüler planen Corona-Streik! Offener Brief an die Regierung: „Es geht so nicht mehr weiter“

Bild: BKA/Christopher Dunker / Montage

Den Schülerinnen und Schülern reichts endgültig. In einem offenen Brief an die Regierung rechnen sie mit dem Corona-Schul-Management von ÖVP und Grünen ab. Vor allem das geplante Durchziehen der Matura, als gäbe es keine Pandemie, erzürnt die Jugendlichen. Sie fordern wie in den Vorjahren Anpassungen bei der Abschlussprüfung. Weil die Regierung auf die Forderungen der Jugendlichen nicht eingeht, findet am 18. Jänner in über 100 Schulen Streiks statt.

„Wir sind an unserer Belastungsgrenze. Wenn sich nicht grundlegend etwas an der Politik ändert, halten wir nicht mehr lange durch.“ Mit diesen drastischen Worten wenden sich Österreichs Schülerinnen und Schüler an ÖVP-Bildungsminister Martin Polaschek und die restliche Bundesregierung. Das Corona-Management an den Schulen könne „so nicht mehr“ weitergehen.

Über 100 Schulsprecher und Schüler aus dem ganzen Land haben den Brief unterschrieben. Bildungsminister Polaschek geht auf die Forderungen der Jugendlichen nicht ein. Deshalb rufen die Schüler für 18. Jänner einen Streik in über 100 Schulen in ganz Österreich aus.

Schüler in offenem Corona-Brief an Regierung: „Niemand war bereit, mit uns zu diskutieren“

Besonders wütend macht die Schülerinnen und Schüler, dass ÖVP und Grüne die Durchseuchung von Kindern und Jugendlichen in Kauf nehmen. „Niemand von Ihnen war bisher bereit, mit uns Schüler:innen und der Wissenschaft über seriöse Konzepte für sicheren Präsenzunterricht zu diskutieren“, heißt es im offenen Brief an Türkis-Grün. Das Ergebnis: Nur in wenigen Klassenzimmern stehen Luftreiniger und das Testsystem besteht zu großen Teilen aus den eher unzuverlässigen Nasenbohrer-Tests.

„Es ist absurd, dass wir Schüler:innen Sie überhaupt daran erinnern müssen, uns zu schützen.“

Das Fass zum Überlaufen gebracht habe die Ankündigung von Bildungsminister Polaschek, die Matura heuer durchzuziehen, als gäbe es keine Pandemie. Der diesjährige Maturajahrgang wechselt seit zwei Jahren ständig zwischen Präsenzunterricht, Lockdown und Schichtbetrieb – die Vorbereitung auf die wichtigste Prüfung eines Schülerlebens ist also mehr als schlecht.

Die Schulsprecherinnen und Schüler fordern, die Matura wie in den Vorjahren an die Corona-Krise anzupassen. So sollen etwa die mündlichen Prüfungen wieder freiwillig sein, ebenso die Präsentation der sogenannten Vorwissenschaftlichen-Arbeit oder Diplomarbeit.

Kommt ein großer Schul-Streik?

Die Unterzeichner des offenen Briefes gaben der Regierung bis Montag Zeit. Gehen ÖVP und Grüne bis dahin nicht auf die Forderungen ein, soll gestreikt werden, so die Ankündigung.

Auf der sozialen Plattform Instagram organisieren sich die Schülerinnen und Schüler unter dem Motto „Maturastreik“ bereits zum großen Protest. „Es wurde genug verhandelt und diskutiert. Wir streiken!“, heißt es dort. Am 18. Jänner wollen die Jugendlichen in über 100 Schulen in ganz Österreich streiken.

Schülerinnen und Schüler fordern mehr psychische Unterstützung

„Depressionen, Schlaf- und Angststörungen gehören schon lange zum Schulalltag“, schreiben die Schülerinnen und Schüler weiter. Die Kinder und Jugendlichen würden seit zwei Jahren Verantwortung übernehmen und Maßnahmen mittragen. Die Politik mache alles nur noch schlimmer, statt der Entwicklung entgegen zu wirken.

Die Schüler fordern eine Aufstockung des schulpsychologischen Personals und einen öffentliche Diskussion über Maßnahmen für die psychische Gesundheit der jungen Menschen.

Der Brief schließt mit: „Sehr geehrter Herr Polaschek, sehr geehrte Bundesregierung, wir können Ihre aktuelle Politik, die uns im Stich lässt, psychisch belastet und körperlich gefährdet, nicht länger mittragen. Wir sind darauf angewiesen, dass Sie endlich Ihrer Verantwortung nachkommen.“

Der offene Corona-Brief der Schülerinnen und Schüler im Wortlaut

Diese Schulpolitik? Nicht mit uns!

Sehr geehrter Herr Bundesminister Polaschek, sehr geehrte Bundesregierung,

wir stehen einmal mehr am Beginn einer Infektionswelle, ausgelöst durch die neue Virusvariante Omikron. Seit nun fast zwei Jahren tragen wir Schüler:innen die von Ihnen gesetzten Maßnahmen mit und übernehmen immer wieder Verantwortung, wo andere es nicht tun. Doch die Pandemie zieht sich inzwischen über einen beträchtlichen Abschnitt unseres Lebens und belastet uns immer mehr. Ihre Aufgabe wäre es, dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Stattdessen verstärken Sie sie durch Ihre Politik noch weiter. Sie bringen das Fass zum Überlaufen. Es geht so nicht mehr weiter, #nichtmituns!

Wir fordern:

  • Ein klares Nein zur geplanten Durchseuchung von Kindern und Jugendlichen
  • Langfristige Sicherheitskonzepte für Schulen inklusive Luftreiniger, CO2-Messgeräte und Covid-Aufklärungskampagnen
  • Deutliche Anpassungen bei den diesjährigen Abschlussprüfungen
  • Eine freiwillige mündliche Matura
  • Freiwillige VWA/DA-Präsentationen
  • Die Kürzung von Themenpools für die schriftliche Matura um 30%
  • Die Sicherung unserer Rechte auf Gesundheit und Bildung
  • Ausreichend PCR-Tests für Schulen und Fast Lanes für Schüler:innen an allen Teststraßen
  • Aufstockung des schulpsychologischen Personals
  • Einen ehrlichen öffentlichen Diskurs über Maßnahmen für unsere psychische Gesundheit

Warum ist das wichtig?

Wir sind an unserer Belastungsgrenze. Es ist gut, dass wir seit Pandemiebeginn endlich mehr über psychische Gesundheit von Schüler:innen diskutieren. Aber wir müssen es ehrlich tun. Schulen sind nicht für alle von uns ein Ort des Wohlbefindens. Depressionen, Schlaf- und Angststörungen gehören schon lange zum Schulalltag. Dazu kommt seit Pandemiebeginn die ständige Angst, sich zu infizieren. Wir brauchen dringend Politiker:innen, denen unsere psychische Gesundheit ein echtes Anliegen ist. Was wir nicht brauchen sind solche, die sie für ihre parteipolitischen Zwecke missbrauchen. Wenn sich nicht grundlegend etwas an der Politik ändert, halten wir nicht mehr lange durch.

Seit September wird tagtäglich propagiert, die Schulen müssen um jeden Preis offenbleiben. Es zeigt sich: Dieser Preis war sehr hoch. Allein seit Schulstart haben sich über 100.000 Pflichtschüler:innen mit Covid19 infiziert. Trotz ausreichend Impfstoff für alle lagen zahlreiche Kinder und Jugendliche auf Intensivstationen. Zehntausende werden in den nächsten Monaten Long Covid mit nicht vorhersehbaren Folgen entwickeln. Der nächste Schritt in der Chronologie des Versagens soll nun die geplante Durchseuchung, also die mutwillige Ansteckung von Kindern und Jugendlichen, sein. Bei diesem Vorgehen gibt es wenig zu gewinnen, aber unvorstellbar viel zu verlieren. Es wäre vollkommen verantwortungslos. Zudem würde es einer gesamten Generation zeigen, dass ihre Gesundheit für die politisch Verantwortlichen nur ein Spielball ist – ein fatales Signal.

Niemand von Ihnen war bisher bereit, mit uns Schüler:innen und der Wissenschaft über seriöse Konzepte für sicheren Präsenzunterricht zu diskutieren. Stattdessen wurde plump über „Schulen schließen – Ja/Nein?“ diskutiert. Das Ergebnis: In unseren Klassenzimmern stehen bis heute nur vereinzelt Luftreiniger, der Hauptteil des Testsystems besteht weiterhin aus unzuverlässigen Nasenbohrer-Tests und erst in der Oberstufe müssen FFP2-Masken getragen werden.

Es ist absurd, dass wir Schüler:innen Sie überhaupt daran erinnern müssen, uns zu schützen. Noch absurder ist es aber, wenn diese Erinnerung von Ihnen ignoriert wird und Sie immer wieder dieselben Fehler machen. Schuld an den gesundheitlichen Folgen der letzten Monate ist nicht das Virus, sondern Ihr Unvermögen, damit umzugehen.

Während unsere psychische sowie körperliche Gesundheit unter der Pandemiepolitik stark leiden, werden wir auch schulisch nicht entlastet. Es wird gesagt, im Unterricht solle vor allem Erlerntes vertieft werden. In der Realität ist das aber schlicht unmöglich, solange der Gesamtumfang des Stoffes nicht reduziert wird. Es wird behauptet, zuhause bleibende Schüler:innen werden mit Lernpaketen ausgestattet. In Wirklichkeit gibt es für sie aber oft keinerlei Unterstützung.

Durch die am 11. Jänner getroffene Entscheidung, die diesjährigen Abschlussprüfungen ohne nennenswerte Anpassungen durchführen zu wollen, erhöht sich der Druck noch mehr. Die diesjährigen Abschlussklassen bilden den bisher von der Pandemie am stärksten betroffene Abschlussjahrgang. Der Plan, uns nun eine vergleichsweise normale Matura schreiben zu lassen, verkennt nicht nur die Ausnahmesituation an Schulen, sondern wird auch dazu führen, dass noch mehr von uns auf der Strecke bleiben.

Sehr geehrter Herr Polaschek, sehr geehrte Bundesregierung, wir können Ihre aktuelle Politik, die uns im Stich lässt, psychisch belastet und körperlich gefährdet, nicht länger mittragen. Wir sind darauf angewiesen, dass Sie endlich Ihrer Verantwortung nachkommen.

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