Dorota verliert ihr ungeborenes Kind. Der Fötus in ihrem Körper verursacht eine Blutvergiftung – doch die Ärzte greifen nicht ein und sie stirbt. Was wie ein Schauermärchen klingt, ist einer Familien in Polen passiert. Komplikationen während Schwangerschaft und Geburt können dort zum Tod führen – denn Ärztinnen und Ärzte trauen sich aufgrund gesetzlicher Regelungen keine für die Frau lebensrettende Abtreibung mehr durchführen.
Es klingt wie im Mittelalter, doch es ist die Realität. Die 33-jährige Polin Dorota stirbt nach Komplikationen während ihrer Schwangerschaft. Der Grund: ärztliches Personal am Krankenhaus im südpolnischen Nowy Targ traute sich wegen gesetzlicher Bestimmungen nicht einzugreifen. Sie unterließen die für die Frau lebensrettende Abtreibung des leblosen Fötus.
“Jede Frau in Polen hat ein Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch, wenn Gefahr für ihre Gesundheit oder ihr Leben besteht”,
beteuerte noch im Mai 2023 der mittlerweile zurückgetretene Gesundheitsminister Adam Niedzielski in Warschau. Doch konservative Kräfte im Land regelten die Bestimmungen für Schwangerschaftsabbrüche so restriktiv, dass Frauen daran wieder sterben könnten. Diese Mittelalter-Szenarien könnten auch in Österreich Einzug halten. Denn rigidere Regelungen für Schwangerschaftsabbrüche fordert auch die FPÖ. Auf Kosten von Frauen und Familien.
Komplikationen während Schwangerschaft: Eine Abtreibung kann das Leben der Frau retten
Die österreichische Geschichte zeichnet ein selbstbestimmteres Bild für Frauen in Österreich, als momentan in Polen. Im November 1973 beschloss die SPÖ-Alleinregierung die „Große Strafrechtsreform“ und stellte den Schwangerschaftsabbruch bis zur 12. Woche straffrei, die sogenannte „Fristenlösung“. Frauen konnten ab diesem Zeitpunkt innerhalb der geregelten Fristen frei über ihren Körper entscheiden und einen Abbruch vornehmen lassen – vor allem auch, wenn es gesundheitliche Komplikationen wegen der Schwangerschaft gab.
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Denn Schwangerschaftskomplikationen sind keine Seltenheit, aber im Gegensatz zum Mittelalter gibt es heute geeignete medizinische Eingriffe, die einen Abbruch im Ernstfall ermöglichen sollten. Der ist für manche Frauen und Familien oft der einzige Ausweg. Sei es aus gesundheitlichen Gründen oder weil die Familienplanung bereits abgeschlossen ist, wie etwa bei der Dreifach-Mama Sandra (40). Der NeueZeit erzählt sie: “Ich hatte schon Verantwortung für drei Kinder. Wir hätten nicht gewusst, wie sich ein viertes Kind in unserem ohnehin schon stressigen Alltag – und auch finanziell – noch ausgehen sollte.”
Ein Schwangerschaftsabbruch ist manchmal der einzige Ausweg für Frauen und Familien
Die FPÖ würde, wenn sie nach der Nationalratswahl am 29.09. an der Macht wäre, sich in das private Leben und in die Gesundheit von Frauen stärker einmischen. Das stößt vor allem auch ihren eigenen Wählerinnen auf. Frauen sind Menschen mit eigener Entscheidungs- und Tatkraft. Sie allein wissen, was das Beste für sie und ihre Zukunft ist.
Das kann auch die Assistenzärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe, Mirijam Hall, bestätigen. Sie führt in ihrem Berufsalltag selbst Abtreibungen durch. Aus ärztlicher Sicht braucht es ihrer Meinung nach eine flächendeckende und kostenlose Versorgung für alle Frauen in Österreich. Denn die ist momentan nicht in allen Bundesländern gegeben. Außerdem sollte der Staat bei der Familienplanung nicht dreinreden.
Schwangerschaftsabbruch raus aus dem Strafgesetz!
Ein Update bräuchten auch die gesetzlichen Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch. Seit 1973 ist nicht viel passiert. Ein Abbruch ist innerhalb der Fristenregelung zwar erlaubt, aber offiziell immer noch strafrechtlich relevant. Zwar wird er nicht mehr verfolgt, sondern ist seit 50 Jahren “außer Strafe” gestellt. Doch eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament könnte das jederzeit ändern – zugunsten, aber auch gegen die Frauen. Deshalb fordert die SPÖ in ihrem Wahlprogramm den Schwangerschaftsabbruch aus dem Strafgesetzbuch zu streichen und ihn somit vollständig zu legalisieren.
Wir fordern die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs und einen niederschwelligen Zugang: Jede Frau hat das Recht auf einen sicheren, legalen und kostenfreien Schwangerschaftsabbruch in Wohnortnähe. – aus dem Parteiprogramm der SPÖ
Frauen in Österreich müssen zwar nicht mehr – wie vor einigen Jahrzehnten noch – im unhygienischen Hinterzimmer und bei wenig ausgebildeten Krankenschwestern die illegalen Abbrüche durchführen lassen. Doch die Frauenvorsitzende der SPÖ, Eva-Maria Holzleitner spricht sich dennoch dafür aus, dass frauenpolitischen Errungenschaften ausgebaut statt ausgehöhlt werden sollen. Positive Beispiele gäbe es genug: Fortschrittliche Länder, wie etwa Frankreich, haben die “Freiheit zur Abtreibung” im Frühling 2024 sogar in die Verfassung gehoben.
Abtreibungsverbot führt zu mehr Sterilisationen, nicht zu mehr Geburten
Auch die konservativsten Bewegungen können die gesellschaftlichen Entwicklungen nicht zurückdrehen. Deutlich zeigen das die USA: Nachdem der Supreme Court dort 2022 das Abtreibungsverbot beschlossen hat, führte das nicht zu weniger Abtreibungen und mehr Geburten. Ganz im Gegenteil: mehr und mehr Menschen entschieden sich für eine Sterilisation. Das verdeutlicht einmal mehr, dass die Menschen weiterhin selbst über ihren Körper entscheiden möchten und der Staat oder nicht in die individuelle Lebens- und Familienplanung reinreden sollte.