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Bekommen ÖVP-Gemeinden mehr Geld? Blümel will die Bezieher von Gemeindeförderungen verheimlichen

Montage - Fotos: Flickr/Finanzministerium - CC BY 2.0 & Pixelbay

Die österreichischen Gemeinden und Städte verlieren durch Corona Einnahmen von über 2 Milliarden Euro. Zwar gibt es seit Juli Unterstützung vom Bund, allerdings mit Konstruktionsfehlern. Unklar ist auch, welche Gemeinden profitieren. Auf Fragen reagiert Finanzminister Gernot Blümel mit Ausflüchten.

Corona reißt ein großes Loch in die Finanzen der Städte und Gemeinden in Österreich: mehr als 2,2 Milliarden fehlen ihnen. Das Kommunalinvestitionsgesetz 2020 der Bundesregierung sollte Abhilfe schaffen. Doch können es nur wenige Gemeinden in Anspruch nehmen. Eine parlamentarische Anfrage an Finanzminister Gernot Blümel sollte klären, welche Gemeinden bisher Förderungen laut Kommunalinvestitionsgesetz 2020 erhalten haben. Doch der weigert sich, die Daten herauszugeben. Der sozialdemokratische Abgeordnete Andreas Kollross bleibt hartnäckig.

Das Ganze erinnert ein wenig an die Anfänge einer weiteren Affäre um Gemeindefinanzen. 2018 stellte sich heraus, dass in Niederösterreich SPÖ-Gemeinden systematisch deutlich weniger Geld vom Land erhielten, als ÖVP-Gemeinden.

Städte und Gemeinden sind regionale Wirtschaftsmotoren

Die Städte und Gemeinden sind die größten öffentlichen Auftraggeber in Österreich. Besonders in den Regionen: Der kleine Elektrobetrieb, die Tischlerei, oder der Maurer im Ort sind auf diese Aufträge angewiesen. Doch der regionale Wirtschaftskreislauf gerät in Schieflage: Corona lässt die Gemeindebudgets gefährlich schrumpfen.

Denn sie speisen sich einerseits aus den Kommunalsteuern. Höhere Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit führen da zu deutlich geringeren Einnahmen. Die zweite große Einnahmequelle für Gemeinden sind die sogenannten Ertragsanteile. Das gesamte Steueraufkommen Österreichs wird zwischen Bund, Ländern und Gemeinden aufgeteilt. Die Ertragsanteile sind quasi das Stück Steuerkuchen für die Gemeinden. Doch auch der Bund nimmt durch Corona deutlich weniger Steuern ein und so schrumpfen die Ertragsanteile der Gemeinden und Städte. Über 2 Milliarden fehlen ihnen dadurch laut dem Zentrum für Verwaltungsforschung.

Konstruktionsfehler im Kommunalinvestitionsgesetz

Deshalb können die Gemeinden weniger investieren, was Arbeitsplätze in der Region gefährdet oder kostet. Das führt wiederum zu noch geringeren Einnahmen für die Kommunen. Viele Gemeindevertreterinnen und -vertreter fürchten, bald in einem Teufelskreis gefangen zu sein.

Das Kommunalinvestitionsgesetz 2020 soll das verhindern. Auf Druck der Opposition hat es die Bundesregierung im Juli beschlossen. Investitionen der Kommunen sollen mit 1 Milliarde gefördert werden. Statt der 2,2 Milliarden, die Gemeinden sonst mehr zur Verfügung hätten. Ein Geldregen schaut anders aus. Doch das Gesetz hat noch einen zweiten Konstruktionsfehler: Kommunen müssen 50% der geplanten Investition selbst finanzieren, damit der Bund 50% zuschießt. Wie das funktionieren soll, wenn die meisten Gemeinden gerade genug Geld zusammenkratzen können, um irgendwie den laufenden Betrieb zu sichern? Unklar.

Blümel will verheimlichen, wer Förderungen bezieht

Andreas Kollross ist Nationalratsabgeordneter, Kommunalsprecher der SPÖ und Bürgermeister seiner Heimatgemeinde. Der Sozialdemokrat kennt das Problem also aus erster Hand. Deshalb interessiert ihn: Wieviel wurde da bisher überhaupt abgerufen? Aus Erfahrung auch: Wie gut funktioniert die Abwicklung der Zuschüsse? Und welche Gemeinden haben bisher davon profitiert? Diese Fragen richtete er im Rahmen einer parlamentarischen Anfrage an den Finanzminister. Gernot Blümel weigert sich allerdings, sie zu beantworten. Dabei beruft er sich auf den Datenschutz.

Doch sowohl die Kostenplanungen der Gemeinden, als auch die Inhalte der Gemeinderatssitzungen sind öffentlich einsehbar. In beiden scheinen die Förderungen auf und für welche Projekte sie genutzt wurden. Wieso die Übersicht über diese öffentlich zugänglichen Daten plötzlich dem Datenschutz unterliegen soll, kann Kollross nicht nachvollziehen. Für ihn ist die „Herangehensweise des Finanzministers einfach verfassungswidrig und noch dazu rotzfrech.“

Parlamentarische Anfragen müssen beantwortet werden

Deshalb hat der SPÖ-Kommunalsprecher nun die gleiche Anfrage erneut gestellt, dieses Mal auch an den Vorsitzenden des Budgetausschusses Karlheinz Kopf (ÖVP). Zusätzlich will er vom Finanzminister wissen, warum er sich beim Kommunalinvestitionsgesetz 2020 auf den Datenschutz beruft, während die Bezieher des Kommunalinvestitionsgesetzes 2017 auf der Website des Finanzministeriums aufscheinen.

An Wolfgang Sobotka von der Regierungspartei ÖVP geht die Anfrage, ob er das Vorgehen Blümels rechtskonform und angemessen findet. Denn als Nationalratspräsident ist er zuständig für die korrekte Beantwortung parlamentarischer Anfragen.

Förderungen an Gemeinden: Es wird eng für Blümel

Egal, wie Sobotka reagiert: Ganz so leicht wird sich Blümel dieses Mal nicht aus der Verantwortung ziehen können. Denn die zusätzliche Anfrage, die Kollross als Privatmann per Auskunftspflichtgesetz an den Finanzminister gestellt hat, kann dieser zwar per Bescheid ablehnen. Gegen diesen Bescheid kann der SPÖ-Mandatar dann allerdings rechtlich vorgehen. Und er lässt keinen Zweifel daran: Das wird er auch tun.

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