Clubs sind Orte zum Feiern und Tanzen, doch viele Frauen müssen auch andere Erfahrungen machen: Schilderungen von Freundinnen handeln von sexuellen Belästigungen im Nachtleben. Häufig wird geschwiegen oder den Betroffenen nicht geglaubt. Im Rahmen der 16 Tage gegen Gewalt an Frauen beleuchtet die Autorin dieser Zeilen diese Geschichten.
Gewalt gegen Frauen hat viele Gesichter. Seien es sexistische Witze in einer geselligen Runde, plumpe Geschlechterklischees über’s Autofahren oder sexuelle Belästigung – auch in Clubs oder Bars.
“Ich kenne keine Frau, die das nicht kennt.”
Diesen Satz haben viele Freundinnen und Bekannte im Laufe meiner Recherche zu diesem Artikel gesagt. Meistens war es der erste Satz, bevor sie mit ihren Geschichten von ungewollten Belästigungen im Nachtleben begannen. Und auch mir wurde bereits mehrmals ungewollt beim Tanzen in Clubs an den Po gefasst oder viel zu aufdringlich nahegelegt, noch eine “After Party” in der privaten Wohnung eines fremden Mannes zu besuchen.
Geschlechtsspezifische Gewalt entspringt historisch gewachsenen Ungleichheitsverhältnissen zwischen Männern und Frauen. Femizide, also Morde an Frauen weil sie Frauen sind, stellen nur die Spitze der Gewaltpyramide dar. Die Basis bilden sexistische Witze, Geschlechterklischees oder sexuelle Belästigung – auch in Clubs oder Bars.
Keine Einzelfälle: Hälfte der Club-Besucher:innen hat sexuelle Belästigung erlebt
Im Nachtleben zwischen Konzerten, Bars und Diskotheken kommt es häufig zu Übergriffen und Belästigung. Im September 2023 veröffentlichte die “Vienna Club Commission” erstmals eine Studie zur Sicherheit im Wiener Nachtleben. 50 Prozent der Befragten gaben an, sexuelle Belästigung beim Fortgehen in Wien erlebt zu haben. 67 Prozent der Befragten gaben an, bereits Zeug:in von Belästigung gewesen zu sein. Von jenen Befragten, die bereits Diskriminierung im Wiener Nachtleben erlebt haben, gaben außerdem knapp 80 Prozent an, dass sie diese aufgrund ihres Geschlechts erfahren haben. Ein unsicheres Gefühl im Nachtleben haben mehrheitlich Frauen, aber auch Trans, Queer oder nicht-binäre Menschen (fast 70 Prozent).
Zahlreiche Schilderungen von Betroffenen unter dem Hastag #technoMeToo verdeutlichen das Ausmaß der Übergriffe im Wiener Nachtleben. Unter dem Hashtag teilen Betroffene zahlreiche Schilderungen von Übergriffen. Das Problem ist aber kein rein wienerisches und keines, das nur das Nachtleben betrifft. So ist einer Studie zufolge auch in Großbritannien sexuelle Belästigung das häufigste Problem für Frauen in der Musikszene. Auch die Vorwürfe gegen das Umfeld der deutschen Band Rammstein zeigten in den Sommemonaten, dass sexuelle Belästigung ein international verbreitetes Problem ist.
Sexuelle Belästigung kann viele Formen haben. In den zitierten Studien wurden einzelne Formen der sexuellen Belästigung wie “zu Nahe kommen”, “ungewollte Berührungen” oder “Nachpfeifen” abgefragt.
Strafbar ist eine sexuelle Belästigung dann, wenn es sich um eine intensive Berührung an einer Stelle handelt, welche unmittelbar zur Geschlechtssphäre gehört. Auch das ungewollte Onanieren vor Anderen ist strafbar. Seit einer Reform im Jahr 2015 fällt das sogenannte “Po-Grapschen” unter das Strafgesetz.
In den Geschichten meiner Freundinnen und Bekannten kommen viele verschiedene Formen der Belästigung beim Feiern vor. Einmal geht es um ungewollte Berührungen an Körperstellen wie dem Gesäß, ein andermal um ungewolltes Onanieren vor Frauen. Situationen, die oft in Sekundenschnelle wieder vorbei sind. Was bleibt, ist die nagende Frage, ob man selbst eine Mitschuld an dem Erlebten trägt. “Was hast Du für Signale gesendet?”, “Hätte ich vielleicht schon vor einer Stunde heimgehen sollen?” und andere Gedanken kreisen meist noch tagelang durch den Kopf.
Barpersonal und Securities: Unverständnis statt Unterstützung
Das Gefühl der Mitschuld wird durch fehlendes Verständnis im persönlichen Umfeld und insbesondere beim Personal in den betreffenden Lokalen noch weiter verstärkt. Eine Bekannte machte in einem Club im ersten Wiener Gemeindebezirk den Türsteher auf einen Mann aufmerksam, der ihm unbekannten Frauen auf den Hintern griff. Die saloppe Antwort war lediglich:
“Das wollt ihr Mädls doch eh so!”
Eine andere Bekannte, diesmal außerhalb der Großstadt unterwegs, erzählt von einem ungewollten Erlebnis in einer Bar in Niederösterreich. Sie wies das Personal in der Bar darauf hin, dass ein Gast ungewollt vor ihr onanierte. Ihr wurde gesagt, sie solle “Ruhe geben”, schließlich handle es sich um einen Stammgast.
Auch Türsteher werden zu Tätern
In manchen Fällen werden aber auch die Securities selbst zu Tätern. Etwa als in einem Tanzlokal am Wiener Gürtel der Security die Tür zur Damentoilette gewaltvoll aufmachte, während darin eine unbekleidete Frau ihr Geschäft verrichtete. Die Toilette war plötzlich für sämtliche Personen in der Warteschlange einsehbar. Auf Nachfrage nach dem Grund für sein Verhalten gab der Security an, die Betroffene des Drogenkonsums verdächtigt zu haben. Konkrete Anhaltspunkte dafür konnte er nicht nennen.
Ob diese Reaktionen nun aus Gleichgültigkeit oder einem falsch interpretierten Beschützerinstinkt, wonach Frauen vor weiteren Diskussionen geschützt werden sollen, entstehen – verständnisvolle Reaktionen sehen anders aus. Und so wundert es wenig, dass sich seit Jahren wenig am Sicherheitsgefühl im Nachtleben ändert.
Es geht auch anders: Schulungen und Hilfsangebote machen Clubs sicherer
Dabei zeigen viele Beispiele, dass es auch anders geht. Im Jahr 2016 wurde das Projekt “Luisa ist hier!” in der deutschen Stadt Münster gestartet – mittlerweile wenden auch zahlreiche Lokale in Österreich das Konzept an. Kommt es zu übergriffigen oder unangenehmen Situationen, können sich Betroffene an das Barpersonal wenden und mit der Frage “Ist Luisa hier?” um Hilfe bitten.
Ebenso ist es für das subjektive Sicherheitsgefühl von Frauen im Nachtleben wichtig, dass Bar- und Security-Personal sensibilisiert werden. Unlängst musste eine Bekannte erleben, wie sie in einer Bar ungewollt zwischen den Beinen begrapscht wurde. Als sie das Erlebnis kurz darauf ihren Freunden und Freundinnen schilderte, hörte der Security ihre Geschichte und sprach sie darauf an. Die Betroffene hatte Zeit, über das Erlebte nachzudenken – schlussendlich musste der Täter die Bar verlassen. Sie selbst musste keine weiteren Schritte setzen. Für sie bleibt das Gefühl, dass ihr als Betroffener geglaubt und geholfen wird, als Positivbeispiel zurück. Im Umkehrschluss aber auch die Erkenntnis, wie oft sie mit der Verantwortung und dem Unbehagen nach derartigen Erfahrungen alleine gelassen wurde. Gewalt an Frauen ist kein individuelles Problem, sondern geht uns alle an, um nicht nur das Nachtleben, sondern alle Lebensbereiche für Frauen sicher zu machen.
In akuten Notfällen ist der 24h Frauennotruf rund um die Uhr erreichbar: +43 1 71 71 9
Ich hab mir vor kurzem einen „White Ribbon“ beim gleichnamigen Verein (Männer gegen Gewalt an Frauen) bestellt: ein Ansteckbutton, mit dem man als Mann zeigen kann, dass man Gewalt gegen Frauen ablehnt. Gute Sache, denke ich! Sollten gerade in den 16 Tagen gegen Gewalt mehr Männer machen.
LG Franz
vor 2015 war alles easy und fröhlich aber dann hat man sie aus falschen Gründen rein gelassen die Moslems