24-Stunden-Betreuer:innen arbeiten oft wochenlang in einem anderen Land und verrichten Schwerstarbeit: seelisch und körperlich. Dafür bekommen sie nur 2-3 Euro pro Stunde und werden als Schein-Selbstständige von dubiosen Agenturen ausgebeutet. Die Pflegereform II bringt zwar etwas mehr Geld für Familien. Doch Pfleger:innen sollen für den gleichen Lohn bis zu drei Pflegefälle gleichzeitig betreuen. Kann das gute Pflege für Oma und Opa bringen?
Die Pflegereform II kommt – und mit ihr noch mehr Arbeitslast und weiterhin schlechte Bezahlung für 24-Stunden-Betreuerinnen und Betreuer. Zwar hat das Sozialministerium rund um Sozialminister Johannes Rauch erst Ende Mai den Vorhabenkatalog der Bundesregierung präsentiert. Mitunter erhöht wird die Förderung für Familien für die 24-Stunden-Betreuung von bisher 640 Euro auf 800 Euro. Doch wer dabei leer ausgeht, sind wieder einmal die Pflegerinnen und Pfleger selbst.
Es gibt keine gute Pflege und Betreuung ohne gute Arbeitsbedingungen
„Es gibt keine gute Pflege und Betreuung ohne gute Arbeitsbedingungen!“, plakatiert die Interessensgemeinschaft der 24-Stunden-Betreuerinnen und protestiert deswegen am Dienstag gegen die Neuerungen der Pflegereform. Am 27. Juni lädt sie vor das Sozial- und Wirtschaftsministerium zu einer Kundgebung. Sie fordern: „Keine Pflegereform ohne faire Arbeitsbedingungen für die 24h-Betreuer:innen!“ Die Pflegereform II hätte Verbesserungen für’s Pflegepersonal bringen sollen. Von Interessensvertreterinnen und -vertretern wird sie aber kritisiert. Vor allem, dass eine 24-Stunden-Betreuerin oder Betreuer gleich mehrere Menschen gleichzeitig pflegen soll, stößt auf Widerstand und Unmut.
Jeder Mensch verdient gute Pflege
„Selbstständige 24-Stunden-Betreuer:innen dürfen künftig bis zu drei Personen in einem privaten Haushalt betreuen. Die zu betreuenden Personen müssen dafür in keinem Familien- bzw. Verwandtschaftsverhältnis stehen. Die Teilbarkeit der 24-Stunden-Betreuung eröffnet neue Möglichkeiten der Betreuung im gemeinsamen Wohnen.“
Ist auf der Seite des Sozialministeriums zu den Neuerungen der Pflegereform II zu lesen. 24-Stunden-Betreuerinnen und Betreuer sollen in Zukunft bis zu drei Personen in einem Haushalt – egal ob verwandt oder nicht – betreuen können. Die Betreuerinnen und Betreuer schreiben auf ihrer eigenen Webseite:
„Alle paar Wochen reisen wir, mehrheitlich Frauen, aus Rumänien, der Slowakei, Bulgarien, Kroatien oder Ungarn nach Österreich, um hier körperlich und/oder psychisch meist schwer kranke Menschen in ihrem Zuhause zu betreuen und zu pflegen.
Unsere soziale Absicherung ist kaum vorhanden, für uns gibt es keinen arbeitsrechtlichen Schutz, Wir arbeiten für beschämende zwei bis drei. Euro pro Stunde, 24 Stunden am Tag.“
Darunter leiden nicht nur die Pflegerinnen und Pfleger, auch die zu pflegenden Personen – oft unsere eigenen Großeltern, Tanten, Onkel – spüren zum Teil, dass die Pflege seit Jahren kaputtgespart wurde. Dabei verdient jeder Mensch eine gute Pflege im Alter.
Betreuerinnen und Betreuer setzen sich für bessere Arbeitsbedingungen und bessere 24h-Pflege ein
Am Dienstag Nachmittag versammeln sich unzählige Menschen im 1. Wiener Bezirk. Vor dem Sozial- und Wirtschaftsministerum protestieren sie gegen die Neuerungen, die die Pflegereform II bringen soll. Weil viele von ihnen in der 24-Stunden-Pflege unersetzbar sind, können sie nicht an der Kundgebung teilnehmen. Einige sind aktuell auch turnusfrei in ihren Herkunftsländern. Die IG 24 hat deswegen eine Schilderaktion gestartet, bei der am Dienstag verhinderte Pflegerinnen und Pfleger, Fotos von sich eingeschickt haben.
„Dreifache Arbeitsbelastung, dafür aber dieselben miesen Arbeitsbedingungen, niedrige Honorare, niedrige Pensionen und keinen Schutz vor Ausbeutung durch das Arbeitsrecht. Das ist nicht die Pflegereform, die uns versprochen wurde!“ protestiert die IG24, die Interessengemeinschaft der 24-Stunden-Betreuerinnen und Betreuer mit einer Fotoaktion.
Damit die Menschen in Österreich die Pflege erhalten, die sie verdienen, müssen auch die Löhne der 24-Stunden-Betreuer:innen rauf und die Arbeitsbedingungen besser werden. Sonst werden bald auch die Pfleger:innen aus dem Osten keine Lust haben, in Österreich eine Arbeit zu suchen.
Ich hatte selbst bei meinen Eltern von 2002 weg, damals ja noch quasi noch illegal bis 2008, (für Vater 2 Jahre bis zum Tod 2003) 17 Jahre lang zwei 24 Stundenhilfen aus der Slowakei. Es ist sich schon damals finanziell nicht ausgegangen, obwohl ich „nur“ 55,– Euro/Tag zu bezahlen hatte. Gott sei Dank hatten meine Eltern Erspartes, über das ich als Sachwalter verfügen konnte. Ich habe also mehrere zehntausend Euro plus Hausverkauf für die Pflege zu bezahlen gehabt. In der Zwischenzeit haben sich Pflegeheimbetreiber auf Staatskosten eine goldene Nase verdient. Meine Frau durfte in der Zwischenzeit auch noch für ihre Mutter, die ins Pflegeheim wollte, noch einen Beitrag von ihrem eher kleinen Verdienst dem Staat zwangsweise (Sozialamt) überweisen. Ab 2016 bis 2017, bis zum Tod meiner Mutter, musste ich als I-Rentner noch dazuzahlen, um Mutter in einer kleinen Wohnung versorgen zu können. Ich bereue nichts, würde es wieder tun. Nur weiß ich genau, was es für das Personal bedeutet, wochenlang mit einer schwer dementen Patientin in einer kleinen Wohnung zusammenzuleben, die täglich immer und immer die gleiche Frage stellt, und sich 100-mal an Tag wiederholt. Meine Familie hat zusammengehalten und das Personal so gut es ging entlastet, deshalb was dies auch über so langen Zeitraum möglich.