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Bub (8) mit ADHS bekommt keine Schulassistenz – Mama: „Fühlen uns allein gelassen“

Der achtjährige Niklas aus Oberösterreich hat ADHS und braucht Unterstützung im Unterricht. Notwendig wäre eine Assistenzkraft, die ihm hilft. Aber der Volksschüler bekommt keine: Es gibt zu wenige Assistenz-Stunden. Jetzt müssen ihn Mama und Papa daheim unterrichten.

Eine schier unendliche Geschichte erzählt die Mutter eines Volksschulkindes aus Oberösterreich im Gespräch mit der NeuenZeit. Ihr achtjähriger Sohn Niklas (Name von der Redaktion geändert) hat eine besondere Form des Aufmerksamkeitsdefizits ADHS. Das heißt: Er braucht Unterstützung in der Schule. Weil er die aber nur unzureichend bekommt, kann der Bub momentan nur zwei bis drei Stunden pro Tag in seine Volksschule gehen. Mehr schafft Niklas nicht, die vielen Reize in der lauten Klasse überfordern ihn.

Den Rest des Tages unterrichten die Eltern ihr Kind daher selbst von zu Hause aus. „Momentan sind wir mit der Lösung zufrieden“, sagt die Mutter heute. Bis dahin war es aber ein langer Weg.

Eigentlich wünschen sich die Eltern eine Schulassistentin oder einen Schulassistenten für ihren kleinen Sohn – auch die Psychologin des Jungen rät dazu. Eine Assistenzkraft unterstützt Kinder während des Unterrichts individuell. Aber das scheiterte bisher, weil es nicht genug Assistenz-Stunden gibt.

Mehr als ein Jahr Wartezeit auf Krankenhaus-Termin

Als Niklas die regulären Unterrichtsstunden zu viel werden, droht ihm die Schule zunächst mit dem Rauswurf. Damit beginnt die ganze Geschichte. Niklas Mutter muss zuerst herausfinden, was sie überhaupt tun kann, um ihrem Sohn zu helfen. „Es gibt keine Ansprechperson für so etwas.“

Nach einer ersten Diagnose bekommt Niklas schließlich stundenweise Unterstützung. Doch bald wird klar: Das reicht nicht – die Eltern bitten um eine Schulassistenz, die ihn dauerhaft unterstützt. Antwort: Derzeit keine frei, man solle den Buben noch einmal testen lassen.

Auf reguläre ADHS- oder Autismus-Testtermine wartet man in manchen Krankenhäusern aber über ein Jahr, erzählt die Mutter. „Was ist mit dem Kind währenddessen?“

Die Mama von Niklas beschließt daher Anfang des aktuellen Schuljahres, den Test bei einer Wahl-Psychologin zu machen. Doch selbst auf eigene Rechnung – 450 Euro kostet das Prozedere – dauert es zwei Monate bis zum Testtermin und ein weiteres, bis die Diagnose fertig ist. Mittlerweile ist das halbe Schuljahr schon wieder vorüber. „Es vergeht so viel Zeit. Du kommst dir allein gelassen vor“, sagt Niklas Mutter.

Nicht nur Niklas leidet darunter, auch seine Schulkolleg:innen und die engagierten Lehrkräfte. Denn das überforderte Verhalten von Niklas stört oft den gesamten Unterricht.

Sonderpädagogischer Förderbedarf größer als angenommen

Der Mangel an Unterstützungspersonal ist wohl österreichweit ein Problem. Wenn Schulkinder Hilfe brauchen, heißt das in der Fachsprache „sonderpädagogischer Förderbedarf“. Der Bund geht davon aus, dass 2,7% aller Schülerinnen und Schüler einen solchen Förderbedarf haben. Dieser Schlüssel, der sich seit 2001 nicht mehr geändert hat, ist die Grundlage für die Planung von Sonderschulen und anderen Maßnahmen.

Tatsächlich liegt der sonderpädagogische Förderbedarf in Oberösterreich – und wohl auch in anderen Bundesländern – aber deutlich darüber. Das zeigt eine Landtagsanfrage von SPÖ OÖ Klubchefin Sabine Engleitner-Neu. In Linz etwa benötigen derzeit 5,6% der Schülerinnen und Schüler Hilfe, in der Region Steyr/Kirchdorf sind es 5%, in Wels/Grieskirchen/Eferding 4,9%.

Mama und Papa unterrichten Niklas jetzt zu Hause

Auch Niklas wurde ein sonderpädagogischer Förderbedarf bescheinigt. Statt der gewünschten Schulassistenz bekommt der Achtjährige aber „nur“ vier Stunden pro Woche Unterstützung durch eine eigene Betreuungslehrerin. Schule, Direktorin, Lehrerin – sie alle sind bemüht, erzählt Niklas Mutter. Aber in Sachen Schulassistenz sind ihnen einfach die Hände gebunden, weil es zu wenige Stunden gibt.

Dabei hat Niklas noch Glück: Seine Mama ist nicht berufstätig und kann ihn unterrichten, wenn er nach seinen zwei oder drei Schulstunden pro Tag nach Hause kommt. „Andere Eltern müssen dann zu arbeiten aufhören“, sagt sie.

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