Am 22. August jährt sich der Geburtstag von Leni Riefenstahl zum 121. Mal. Ihr Name steht wie kein anderer für die Bildsprache des Nationalsozialismus. Einige mögen sie als feministische Ikone sehen, doch von Feminismus fehlt in ihren Filmen und in ihrem Leben jede Spur. Vielmehr stützte sie mit ihren Propaganda-Filmen das NS-Regime unter Adolf Hitler.
Schon bevor die NSDAP im Jahr 1933 an die Macht kam, wollte Adolf Hitler Leni Riefenstahl für propagandistische Filme gewinnen. Joseph Goebbels, zuständig für Propaganda im Nationalsozialismus, schrieb schon fünf Monate nach der Machtergreifung der Nazis in sein Tagebuch:
Sie ist die einzige unter allen Stars, die uns versteht.
Keine Feministin sondern Mittäterin
Leni Riefenstahl war jahrelang ein international gefeierter Star und führte ein glamouröses Leben. Und das gerade auch wegen der Filme, die sie im Auftrag der NSDAP gedreht hatte. Sie gewann nicht nur in den faschistischen Staaten Deutschland und Italien Filmpreise, auch anderswo konnte ihr Werk internationale Lorbeeren ernten. Erst nach den Novemberpogromen 1938 wurde ihr Werk außerhalb NS-Deutschlands zunehmend boykottiert.
Leni Riefenstahl war ohne Zweifel eine der wenigen Frauen im Zentrum des Nationalsozialismus. Manche nennen sie sogar “Powerfrau des Dritten Reichs”. Ein Leben als feministische Ikone führte Leni Riefenstahl dennoch nicht – auch wenn sie sich in einer männerdominierten Welt durchsetzen konnte. Dies gelang ihr nämlich nur, indem sie die Verbrechen der Nazis ignorierte und die NS-Ideologie tief in ihrer Bildsprache verankerte. Während Frauen durch Mutterkreuze aufs Kinderkriegen reduziert und so an Küche und Herd gefesselt wurden, trug Riefenstahl genau diese rückschrittlichen Ideen durch ihre Filme weiter.
Zwangsarbeiter:innen als Statist:innen – Leugnung bis zum Schluss
Adolf Hitler persönlich setzte sich für die Finanzierung von Riefenstahls Spielfilm Tiefland ein. Die Dreharbeiten begannen 1940, veröffentlicht wurde der Film erst 1954 – also neun Jahre nach Ende des nationalsozialistischen Regimes. Das Filmmaterial wurde von französischen Soldaten bis 1953 unter Verschluss gehalten. Die Kritiken fielen verheerend aus und reichten von “überaus langweilig” bis “an den Grenzen des Lächerlichen.”
Als Statist:innen soll Riefenstahl persönlich Gefangene des Zwangslagers Salzburg-Maxglan ausgewählt haben. Rund 80 Prozent der Statist:innen – Männer, Frauen und Kinder – wurden später in Vernichtungslagern ermordet. Riefenstahl klagte mehrmals gegen die Berichterstattung über den Einsatz der Zwangsarbeiter:innen für ihren Film und die späteren Ermordungen. Dass Riefenstahl von den Ermordungen schon während der Dreharbeiten wusste, konnte nicht bewiesen werden – für ihr Mitwissen gibt es jedoch reichlich Indizien. Noch 2002 – um Riefenstahls 100. Geburtstag – ermittelte die Staatsanwaltschaft gegen die Regisseurin wegen Holocaust-Leugnung. Grund waren Aussagen in Zusammenhang mit dem Schicksal der Statist:innen in einem Interview.
Leni Riefenstahl: “Wo liegt denn meine Schuld?”
Leni Riefenstahl sah sich selbst ihr Leben lang nur als Künstlerin. Sie wollte keine politische Verantwortung für die Verbrechen des Nationalsozialismus übernehmen. Dabei erfüllten die Filme eine zentrale Rolle in der Erzählung des NS-Regimes: zum Beispiel stellte sie den NSDAP-Parteitag als Spektakel dar. Ihre Schuld wehrte sie mit makabren Argumenten ab:
Ich habe keine Atombomben geworfen, ich habe niemanden verleugnet. Wo liegt denn meine Schuld?
Nicht nur ihre Schuld, sondern auch die Ideologie des Nationalsozialismus bestritt Leni Riefenstahl zumindest oberflächlich. Wieso sie dann etwa eine dreiteilige Filmreihe über den NSDAP-Parteitag filmte, bleibt eine offene Frage. Die US-Autorin Susan Sontag schrieb über Riefenstahls Filme:
Will man noch einen Unterschied machen zwischen Dokumentarfilm und Propaganda, dann ist jeder, der die Filme der Riefenstahl als Dokumentarfilme verteidigt, naiv.
Ihre Fotografien nach 1945 zeigen ein ähnliches Bild: auf den Fotostrecken sind keine Kranken, Alten oder spielende Kinder zu sehen. Sie zeigt weiter „starke, gesunde“ Menschen – ganz, wie es im NS-Staat gewünscht war.